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Orientierung und persönliches Wachstum im sozialen Bereich

Zoë leistet ein FSJ im Kleiderladen des DRK Münster

Zoë ist 22 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Frankfurt und ist für ihr Studium nach Münster gezogen. Im Rahmen einer Umorientierung macht sie nun ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Kleiderladen des DRK Münster. Im Interview erzählt sie, was sie in ihrem FSJ gelernt hat und wie es ihr Struktur und eine berufliche Perspektive gegeben hat.

Wie bist du zum Freiwilligendienst gekommen?

Nachdem ich zwei Studiengänge nicht zu Ende studieren konnte und eine längere Zeit in einer Klinik war, habe ich eine Möglichkeit gesucht, wieder in einen Arbeitsalltag zu finden und mir selbst zu beweisen, dass ich etwas schaffen kann. Außerdem war ich auf der Suche nach beruflicher Orientierung, um eine klare Vorstellung davon zu bekommen, was ich zukünftig machen möchte. Für beide Zwecke ist ein Freiwilligendienst sehr gut geeignet.

Warum hast du dich für den Kleiderladen als Einsatzstelle entschieden?

Das war für mich eine ganz einfache und naheliegende Entscheidung. Ich war schon vor meinem Dienst hier Kundin und habe generell eine große Liebe zu Secondhand-Kleidung. Ein Second-Hand-Laden in Münster vom DRK, der dann auch noch ein FSJ anbietet - da war für mich schnell klar, dass ich das machen möchte.

Für mich ist es sehr schön, den Kleiderladen als soziales Projekt wahrzunehmen. Ich habe gelernt und sehe jeden Tag, dass Kleidung auch soziale Teilhabe bedeutet und der Zugang zu guter Kleidung viel ermöglichen kann. Das sieht man hier ganz deutlich.

Was sind deine Aufgaben und dein Arbeitsalltag?

Wir haben hier im Kleiderladen grob zwei Bereiche. Das ist einmal die Sortierung hinten und der Laden vorne. Im Laden berät man die Kund*innen, redet mit ihnen und kassiert. In der Sortierung nimmt man die Spenden an, schaut sie durch, entscheidet, was in den Laden kommt, etikettiert die Kleidung und bringt sie nach vorne in den Laden.

Mittlerweile bin ich häufiger im Laden. Das war am Anfang eher meine Unsicherheit, ich wusste nicht, wie leicht es mir fallen würde im Kundenkontakt zu arbeiten. Aber tatsächlich hat sich herausgestellt, dass mir das liegt. Ich habe gerne Kontakt zu den unterschiedlichsten Menschen und kann gut auf alle Menschen offen zugehen. Das gibt mir auch persönlich mehr, als in der Sortierung zu stehen.

Was gefällt dir besonders gut an deiner Arbeit?

Was mir sehr am Herzen liegt, sind die Menschen, die in den Laden kommen. Wir haben Stammkund*innen, die fast jeden Tag hier sind und die man gut kennt, aber auch andere, die man noch nie gesehen hat. Es kommen Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten und Communities in den Laden. Es ist toll, immer wieder neue und alte Gesichter zu sehen und die Zeit zu haben, sich einzelnen Kund*innen zu widmen. Das macht mir am meisten Spaß.

Ansonsten mag ich aber auch einfach den Umgang mit Kleidung. Die Vielfalt hier im Laden finde ich super spannend - in einem typischen Kleidergeschäft findet man sehr viele ähnliche Kleidungsstücke. Hier im Kleiderladen gibt es einen ganz wilden Mix, das finde ich toll.


Gibt es auch Herausforderungen, mit denen du in deiner Arbeit und in deinem Freiwilligendienst umgehen musst?

Manchmal gibt es Extremsituationen vorne im Laden. Das ist jetzt länger nicht mehr vorgekommen, aber relativ am Anfang meines Dienstes ist ein Streit ausgeartet. Das ist dann doch eine Situation, wo man sich wünschen würde, Sozialarbeiterin zu sein und merkt, dass man keine professionelle Qualifikation hat, um mit der Situation umzugehen. Aber es ist auch nicht so, dass ich das hier gar nicht erwartet hätte. Der Kleiderladen ist nah am Bremer Platz und für die Szene vor Ort ist es wichtig da zu sein. Dass da der Umgang nicht immer reibungslos verläuft, wusste ich im Vorhinein auch schon, von daher hat mich das auch nicht komplett überrollt.

Außerdem habe ich mich gefragt, wie ich als trans Frau von den Kolleg*innen aufgenommen werde. Meine Sorge war jedoch größtenteils unbegründet und ich wurde gut im Team aufgenommen. Die Arbeit von mir als FSJler*in wird sehr wertgeschätzt und alle freuen sich, dass ich da bin.

Was hast du in deinem Freiwilligendienst gelernt?

Mein FSJ hat mir zwei große Dinge gezeigt. Zum einen meine Leidenschaft für den Umgang mit Menschen und zum anderen habe ich viel über mich und meine persönlichen Fähigkeiten gelernt. Ich habe das FSJ gemacht, um wieder in einen Arbeitsalltag zu kommen und habe dabei sehr viel über mich gelernt und wie ich arbeiten kann und möchte. So bin ich zum Beispiel nach ein paar Monaten in Teilzeit gewechselt. Außerdem konnte ich meine Angst vor Menschen ein Stück weit überwinden. Das ging eigentlich ganz schnell, nach ein bis zwei Stunden hinter der Kasse war es schon viel leichter.

 

Inwiefern nimmst du das DRK als Träger deines Freiwilligendienstes wahr?

Ich empfinde das DRK als sehr unterstützend, vor allem in meiner Situation, in der ich einige Monate Vollzeit gearbeitet habe und dann gemerkt habe, dass das mit meiner Psyche im Moment nicht vereinbar ist. Ich konnte mich dann an das Team Freiwilligendienste wenden, die mir alle meine Fragen zu Teilzeitangeboten beantwortet haben. Sie haben mir bei der Umstellung auf Teilzeit sehr geholfen und es schnell möglich gemacht. Auch die Leitung und das Team im Kleiderladen waren sehr unterstützend und haben sich auf die neue Situation schnell eingestellt.

Mit dem DRK als Träger komme ich auch bei den Seminaren in Kontakt, die ein niedrigschwelliges Angebot sind, um viel mitzunehmen. Ich hatte bisher zwei Seminare, die waren sehr toll und es war schön, mit den anderen Freiwilligen in Kontakt zu kommen. Da ist bei mir auch ein Verantwortungsgefühl entstanden und ich bin Sprecherin meiner Seminargruppe geworden. Die Angebote und Seminarwochen fand ich auch sehr hilfreich, um sich über die verschiedenen sozialen Bereiche auszutauschen und einen Einblick in den Arbeitsalltag anderer Einsatzstellen zu bekommen.

Hast du schon Pläne oder Ideen, was du nach deinem Freiwilligendienst machen willst?

Ich schaue aktuell, was ich mir danach vorstellen kann. Das FSJ hat mir gezeigt, dass es wahrscheinlich in den sozialen Bereich gehen soll oder zumindest etwas, wo ich viel mit Menschen zu tun habe. Ideal wäre ein Studium der Sozialen Arbeit, da weiß ich aber nicht, ob das möglich sein wird. Und sonst schaue ich mal, ob es andere Ausbildungen im sozialen Bereich gibt, die hoffentlich auch Teilzeitangebote haben.

"Es kommen Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten und Communities in den Laden. Es ist toll, immer wieder neue und alte Gesichter zu sehen und die Zeit zu haben, sich einzelnen Kund*innen zu widmen", beschreibt Zoë, was ihr an ihrem FSJ am meisten Spaß macht.